Der „Weiberaufstand“ hat ein gutes halbes Jahr hinter sich. Den Aufstand gibt es noch immer nicht, entstanden sind aber viele Rezensionen, viele Podien, viele Wortmeldungen anderer. Das Thema ist wieder da. Das „alte Thema“ schreiben Rezensenten meistens ein bisschen vorwurfsvoll. Die rennt dem Kopf gegen die Wand, heißt das. Meine Standardreplik: Das Problem ist nicht der Kopf, sondern die Wand.
Auf Gegenwind unter Inanspruchnahme des Heiligen Geistes war ich gefasst, (Kurzfassung: Kniefall vor dem Zeitgeist! Schon immer so! Weltkirche! Leere Kirchenbänke bei den Evangelien trotz Pfarrerinnen! Wichtigere Themen!). Aber ich habe im vergangenen halben Jahr Neues gelernt über das olle Thema. Meine Sammlung der schönsten Weihe-Ausschluss-Begründungen ist länger geworden. „Männer können eben keine Kinder gebären und Frauen eben nicht Priester werden“, lernte ich schon am Erscheinungstag bei facebook. Eine katholische Bloggerin schrieb: „Es ist nicht ungerecht, dass Männer keine Hebammen werden können.“ Deshalb sei auch die Sache mit der Priesterweihe keine Frage der Gerechtigkeit. Ein Journalistenkollege, mit dem ich diskutierte, hörte mir lange zu und sagte dann: „Der wahre Grund steht nicht in den Lehrschreiben. Der wahre Grund ist: Männer schauen Frauen anders an als Frauen Männer. Wenn eine Frau am Altar steht, können sich Männer nicht auf Jesus konzentrieren.“
Vor ein paar Monaten, als - klar - ein Mann zelebrierte, konnte ich mich auch nicht auf Jesus konzentrieren, da ich Hebamme einer eigenartigen Kopfgeburt wurde. Der Priester dankte „unserem Herrn Jesus Christus, der sich nicht dafür zu schade war, sich von einer Frau gebären zu lassen.“ Ein Versprecher, wie er sagte. Ich hätte ihn trotzdem gern mit der Bloggerin und der facebook-Frau kurzgeschlossen.
Bei der Lektüre einiger Rezensionen habe ich Neues über mein Buch gelernt. Angeblich steht darin:
Alle Frauen müssen dafür sein, dass es Priesterinnen gibt.
Der katholischen Kirche geht es nur um Macht.
Ich habe alle Teile des Franziskus-Starschnitts ins Wohnzimmer geklebt und knie täglich davor nieder.
Ich habe alle Teile des Franziskus-Starschnitts über die Teelichter meiner Katholischen Landjugendbewegungsgruppe gehalten und verbrannt.
Ich möchte eine Naturreligion begründen.
Wenn ich mir was wünschen dürfte fürs noch recht neue Jahr 2018, dann wäre es dieses: Ein paar Weiberaufstands-KritikerInnen mögen sich der Fragen annehmen, die das Buch tatsächlich aufwirft. Um Lesezeit zu sparen, seien sieben stellvertretend genannt:
Frauen gibt es schon ziemlich lange und sie gehen auch so schnell nicht wieder weg. Warum werden sie so behandelt, als seien sie eine gerade erst entdeckte Spezies, deren Eigenart von immer neuen Kommissionen untersucht werden muss?
1900 Jahre lang wurden Frauen nicht geweiht, weil sie dem Mann angeblich nicht ebenbürtig sind. Erst danach wurden jene Argumente entdeckt, die noch immer gelten (Jesus war ein Mann, der Priester handelt in persona Christi, usw.). Was soll daran traditionell sein?
Nicht die Gleichstellung der Frauen wäre eine Anpassung an den Zeitgeist, im Ausschluss vom Amt besteht die Anpassung an den patriarchalischen Zeitgeist. Oder mache ich da einen Denkfehler?
Wenn Jesus keine Frauen in seine Nachfolge berufen hat (was ohnehin strittig ist), heißt das dann, dass alles, was Jesus laut Bibel nicht gemacht hat, verboten ist?
Die Kirchenrechtlerin Sabine Demel schreibt: „Die zwölf von Jesus ausgewählten Männer stehen für die neuen Stammväter des zu erneuernden Israel. „Diese prophetische Zeichenhandlung konnte natürlich am besten durch (1) zwölf (2) jüdische (3) Männer symbolisiert werden (und nicht durch eine beliebige Zahl z.B. von Juden und Samaritern oder von Frauen und Männern). Allerdings spielte diese Zeichenhandlung offensichtlich schon bald keine Rolle mehr. Denn zwei von den drei Merkmalen werden kurze Zeit später nicht mehr beachtet: Die Zahl „Zwölf“ wird ebenso nicht wieder hergestellt wie auch Nichtjuden als Apostel hinzukommen.“ Warum bleibt das Geschlecht übrig und ist für das Priesteramt so wichtig, dass es das entscheidende Ausschlusskriterium ist?
Stehen alle deutschen Bischöfe zu dem, was über Frauen in den offiziellen Dokumenten steht? Und wenn sie nicht dazu stehen, warum wollen sie es nicht ändern? Frauen sind immerhin die größte Minderheit der Welt, schreibt Margarete Stokowski im Kursbuch 192. .
Können Antworten, die ohne die Worte Macht, Kontrollverlust und Angst auskommen, ehrlich sein?
Mal hören, was der Fundamentaltheologe Elmar Klinger in Nürnberg dazu sagt.